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Beitrag vom 22.06.2009
The Gossip - Music For Men
Tatjana Zilg
Lange haben die drei glorreichen Electropunk-HeldInnen ihre treu ergebenen Fans auf den Nachfolger von "Standing In The Way Of Control" warten lassen. Nun ist das zweite Studioalbum endlich...
... in den Läden erhältlich und legt Zeugnis über die Weiterentwicklung von Beth Ditto, Brace Paine und Hannah Billie in Richtung Glam-Rock, Disco-Funk und Gothic ab.
Im Mai 2009 wurden sie bei ihrem Konzert im Berliner Astra euphorisch gefeiert. Kaum stand die Sängerin mit dem imposanten Körperumfang auf der Bühne, explodierte die dicht an dicht stehende Menge. Bald glühte die Luft in der neuen Location und der Schweiß ran allen Beteiligten, ob auf der Bühne oder davor, aus den Poren. Die Bandmitglieder von The Gossip bewiesen erneut, dass ihr Name für Spaß, hundertprozentige Tanzbarkeit und rebellische Attitüde steht.
Beth Ditto, die sich selbst als "fette, feministische Lesbe" bezeichnet, tanzt selbst vorbildhaft aus der Reihe der Sängerinnen im Indie-Popgeschäft. So extrovertiert wie sie ist keine andere und ihre unglaubliche Figur würde wohl sonst kaum einer Pop-Ikone erlaubt werden.
Im Jahr 1999 entschlossen sich The Gossip, ihr musikalisches Ding fortan zu dritt durchzuziehen. Nicht um einen schnellen Durchbruch ging es ihnen, vielmehr wollten sie ihre Vorstellungen von guter Musik authentisch in die Tat umzusetzen. In Europa fiel das Scheinwerferlicht der medialen Aufmerksamkeit erst im Jahr 2006 mit dem Release ihres dritten Studio-Albums "Standing In The Way Of Control" auf sie. Die britische Musikzeitung NME schrieb begeistert: "Gossip ist die größte Punk-Rock´n´Roll-Disco-Soul-Band des Planeten. Sie blasen dir die Lichter aus. Jeder muss diese Band sehen und dazu tanzen, als wenn es kein Morgen gäbe." Die explosiven Live-Auftritte der drei Dancepunk-RebellInnen vergrößerten das Lauffeuer ihres europäischen Ruhms im rasanten Tempo. Mittlerweile spielen sie fast nur noch in ausverkauften Hallen.
Mit "Heavy Cross" erweitern sie ihr Spektrum mit Referenzen an die Populärmusik-HeldInnen der letzten Jahrzehnte. Bei ihrem Konzert im Astra betraten sie die Bühne mit Geburtstagsglückwunsch-Transparenten für Morrissey in den Händen. Doch die darauf folgenden musikalischen Takte knallten weitaus mehr als die sensiblen Melodien der britischen Indie-Pop-Ikone.
Bei den Studio-Versionen sorgen glitzernde Keyboard-Einschübe für Verfeinerungen im extrem vorwärts gerichteten Dance-Sound. Besonders deutlich wird dies in "Love Long Distance" und in "Love And Let Love", so dass die Vergleichsreihe der Stimme von Beth Ditto mit Janis Joplin, Aretha Franklin und Tina Turner um Donna Summer ergänzt werden kann.
Schillernder Disco-Spaß mit schwerelosen Liebesthemen dringt bei den beiden Songs in die Ohren tanzfreudiger Menschen. Mit "Pop Goes The World" liefert ihnen Beth Ditto eine Hymne an jugendlichen Lebensstil, temperamentvolle Melodien und leichtfüßige Wortspielereien nach. Insgesamt erlauben die zwölf Songs von "Heavy Cross" kaum eine Atempause beim Abtanzen, so geballt aufgeladen sind sie von wirbelnden Rhythmen und mitreißendem Soul. "Dimestore Diamond" und "8th Wonder" können somit als würdige Selbstportraits von Beth Ditto gelten. In "Heavy Cross" (der ersten Singleauskoppelung) beglückt sie ihre Fans erneut mit einem kraftvoll dahingehauchten "Oh ohhh ohh"-Refrain, der fast schon ein Markenzeichen von ihr ist.
The Gossip im Netz: www.gossipyouth.com und auf Myspace
Weiterhören: Peaches und The Ting Tings
AVIVA-Tipp: Äußerlich bleiben The Gossip als ungewöhnlicher Blickfang in Erinnerung, denn ihre Bühnenshow kommt ohne großartige technische Effekte aus und kann es sich erlauben, ganz auf Charisma und Temperament der Frontfrau zu setzen. Musikalisch bestechen sie durch einen unvergesslichen Sound, der tief ins Blut geht.
The Gossip
Music For Men
Label: Sony, VÖ Juni 2009